Tiefe Medikamentenpreise auf Kosten armer Länder

Preisüberwacher und Santésuisse beklagen regelmässig, dass die Medikamentenpreise in der Schweiz, verglichen mit dem Ausland, zu hoch seien. Was hierbei verschwiegen wird: Das tiefe Preisniveau wird auch mit Importen aus Tieflohnländern erzielt – mit negativen Folgen.

Nimm es den Armen und gib es den Reichen

Um das Preisniveau tief zu halten, werden eifrig Medikamente aus Tieflohnländern importiert. Eine Recherche der Journalistengemeinschaft correctiv zeigt, wie weit dieses Geschäftsmodell geht [1].
EU-Länder kaufen Medikamente im Wert von 4.5 Milliarden Euro durch Parallelimport ein. Spitzenreiter ist Deutschland, gefolgt von Grossbritannien, Niederlanden, Schweden und Dänemark – alles Staaten, die hierzulande für ihre tiefen Preise gelobt werden. Eingekauft wird in den europäischen Tieflohnländern, insbesondere Bulgarien, Rumänien, Griechenland und Spanien.

Versorgungsengpässe in Tieflohnländern

Diese Länder leiden infolge der Exporte an Engpässen. Die Versorgung der eigenen Bevölkerung ist damit gefährdet. Dieses Problem wurde mittlerweile auch am Gipfel der EU-Gesundheitsminister thematisiert. Betroffene Staaten greifen inzwischen zu Exportbeschränkungen, um der Lage Herr zu werden [2].

Preisdruck ist nicht nachhaltig

Die gebetsmühlenartig geforderte Senkung der Medikamentenpreise ist nicht die Lösung für die bestehenden Kostenprobleme. Dies ist für die Schweiz schon erwiesen. Obwohl das Bundesamt für Gesundheit seit 2010 Preissenkungen von inzwischen 114 Millionen Franken pro Jahr verordnet hat, steigen die Medikamentenkosten weiterhin [3]. Auch das in diesem Zusammenhang angepriesene Wundermittel der Parallelimporte nimmt vor diesem Hintergrund geradezu imperialistische Züge an.

Die Hauptproblematik liegt in der fehlerhaften Verwendung von Medikamenten. Der unkontrollierte Absatz durch selbstdispensierende Ärzte, Spitäler und Versandfirmen verhindert eine sinnvolle Steuerung der Abgabemengen, wie sie bei den Apotheken mit den Krankenkassen vereinbart ist. Zudem wurde gezeigt, dass die Medikamentenkosten pro Patient sinken, wenn Apotheker direkt in die Therapie miteinbezogen werden [4].

Im korrekten Einsatz steckt ein Sparpotential von Milliarden

Unlängst wurde publik, dass die Kosten für die mangelhafte Verwendung von Medikamenten in die Milliarden gehen. Dazu gehören Medikationsfehler, das mangelnde Befolgen von Leitlinien, Entsorgung ungebrauchter Medikamente sowie die Tatsache, dass Patienten ihre Medikamente nicht korrekt anwenden und dadurch zusätzlich medizinische Komplikationen erleiden [5-7].
Hier ist entscheidend, wer mit dem Heilmittel umgeht. Apotheker sind von der Ausbildung her am besten geeignet, um den Gebrauch von Heilmitteln zusammen mit dem Patienten oder im Rahmen von Institutionen zu optimieren. Dass diese Möglichkeit nicht genutzt wird, ist primär den politischen Rahmenbedingungen geschuldet – gerade auch im Kanton Solothurn, wo Ärzte die Mehrheit der Medikamente zulasten der Krankenkasse abgeben.

Quellen:

  1. Die Medikamente der anderen – Correctiv-Recherche
  2. Kritische Parallelimporte – Deutsche Apothekerzeitung, Nr. 22, 31.05.2018, S. 13
  3. Berechnung des Schweizer Apothekerverbandes pharmaSuisse
  4. Pillencocktails: So können Heimbewohner einfach und günstig geschützt werden – Aargauer Zeitung
  5. The cost of not taking your medicine - New York Times
  6. Zu viele Fehler bei Medikamenten – NZZ
  7. Arzneimittel für 500 Millionen Franken im Abfall – K-Tipp