Antibiotika-Resistenzen vorbeugen

In der kalten Jahreszeit nehmen auch wieder die Infektionen der Atemwege zu. Etwa 90% davon werden durch Viren verursacht. Trotzdem werden noch immer zu viele Antibiotika verschrieben. Doch auch Falschanwendung begünstigt Resistenzen. Apothekerinnen und Apotheker können durch ihre Position in der Grundversorgung viel für eine rationalere Verwendung von Antibiotika tun.

Jährlich sterben etwa 2000 Patienten in Schweizer Spitälern, weil sie sich während des Aufenthalts Infektionen zuziehen [1]. Darunter befinden sich viele Fälle verursacht durch resistente Bakterien. Diese sprechen kaum oder gar nicht mehr auf die vorhandenen Antibiotika an und führen zu einer unbehandelbaren Infektion. Die Patienten, bereits wegen anderer Krankheiten geschwächt, haben dem Erreger nichts mehr entgegenzusetzen.

Doch das Problem der Resistenzen beschränkt sich nicht auf die Spitäler. Auch in Altersheimen und in der Grundversorgung spielen sie eine Rolle. Im einstelligen Prozentbereich kommen resistente Keime vor[2]. Bei Bakterien, die Harnwegsinfekte verursachen, sind bei bis zu 25% der getesteten Personen resistente Keime vorhanden [3].
Der Kampf gegen Antibiotikaresistenzen gehört daher nun auch zur Gesundheitsstrategie 2020 des Bundes. Gegen die Entstehung und Verbreitung von resistenten Keimen sollen verschiedene Massnahmen ergriffen werden. Dazu gehört neben der strikteren Einhaltung von Hygienemassnahmen im Spital und dem reduzierten Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft auch der vernünftigere Umgang mit Antibiotika in der Grundversorgung.

Halsschmerzen und andere Infektionen der Atemwege gehören zu den Leiden, gegen die besonders häufig unnötig Antibiotika verschrieben werden. Bei genauer Indikationsstellung wie Labortests könnte der Antibiotikaverbrauch um etwa 50% gesenkt werden [4].

Auch in der Bevölkerung herrscht teils noch ein falsches Bild über die Anwendung über Antibiotika. Zudem geben über 10% der Patienten an, Antibiotika nicht wie verschrieben eingenommen zu haben, was Resistenzen ebenfalls begünstigt [5]. Einige Patienten üben auch Druck auf den behandelnden Arzt auf, ein Antibiotikum zu verschreiben.

Apotheken können wertvolle Beiträge zu einer gezielteren Antibiotika-Verwendung leisten. Eine Strategie, um den Antibiotikagebrach zu senken, besteht in der Ausstellung eines „Reserve-Rezepts“: Der Arzt stellt im Zweifelsfall ein Rezept für ein Antibiotikum aus. Der Patient kann zwei bis drei Tage zuwarten und bei einer Verschlechterung die Apothekerin aufsuchen, um das Antibiotika-Rezept einzulösen. Im Fall von Halsschmerzen kann dadurch der Antibiotika-Gebrauch um bis zu 85% vermindert werden [6,7]. Zudem erlaubt die Abgabe in der Apotheke nochmals die sorgfältige Instruktion der Patienten. Die Zubereitung von Antibiotika-Sirupen, der richtige Einnahmezeitpunkt, die disziplinierte Einhaltung der Einnahmeanweisung und der Umgang mit Nebenwirkungen sind um einiges komplizierter, als gemeinhin angenommen wird. Da Antibiotika aber ohnehin in den meisten Fällen überflüssig sind, kann die Apotheke ebenso als erste Anlaufstelle aufgesucht werden. Apothekerinnen und Apotheker können beurteilen, ob sich die Symptome mit rezeptfreien Mitteln behandeln lassen und ab wann ein Arztbesuch angezeigt ist.

Quellen:
1. http://www.patientensicherheit.ch/de/themen/Bedeutende-Risiken/CleanCare.html
2. Rev Med Suisse 2009; 10: 1991-1994
3. Schweiz Med Forum 2008;8(22):415–418
4. Clin Infect Dis. (2012) 55 (5): 651-662.
5. Evaluation der Kommunikation zur Antibiotika-Resistenz. Evaluationsstudie
2007 - erstellt durch das Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag des Nationalen Forschungsprogramms
49.
6. Rev Prescrire 2004; 24 (252): 512-518
7. Afssaps 2005, «antibiothérapie… recommandations de bonne pratique»