Lieferengpässe von Arzneimitteln werden zurzeit unter Fachpersonen des Gesundheitswesens, aber auch in den Medien stark diskutiert.
Für die meisten Leistungserbringer sowie Patientinnen und Patienten ist es selbstverständlich, ein Arzneimittel direkt nach der Bestellung zu erhalten. Dies kann jedoch aufgrund immer wieder vorkommender, länger oder kürzer andauernden Lieferengpässen nicht immer gewährleistet werden.
Doch was sind die Gründe für die erschwerte Lieferbarkeit?
Neue, innovative Arzneimittel sind zu hohen Preisen schnell zugänglich, wodurch die alten Arzneimittel einem grossen Druck ausgesetzt werden. Zusätzlich wirkt sich negativ auf die Versorgungssicherheit aus, dass viele wichtige Arzneimittel aktuell «off-patent» sind, das heisst ihre Patente sind abgelaufen. Neue Innovationen richten sich immer häufiger auf spezifische, seltene Erkrankungen aus – auf die sogenannten «Orphan Diseases». Dies hat zur Folge, dass Innovationen für Arzneimittel mit breiter Anwendung stark abgenommen haben, da diese weniger lukrativ sind.
Damit Wirkstoffe weiterhin produziert werden, müssen diese wirtschaftlich sein. Aufgrund von Preiswettkämpfen im «Off-patent»-Bereich werden aktuell etwa ein Drittel der Medikamente in diesem Bereich nur noch von einem einzigen Hersteller produziert, ein weiteres Drittel nur noch von zwei Herstellern. Für die Lieferengpässe in der Schweiz ist dieser Herstellermangel ausschlaggebend.
In der Schweiz werden kaum Wirkstoffe aus dem «Off-patent»-Bereich produziert, der Fokus liegt eher auf den wirtschaftlich lukrativeren Wirkstoffen mit Patent, was zu einer gravierenden Abhängigkeit von Produktionsländern wie China und Indien geführt hat. Kommt es in diesen Ländern zu Produktionsausfällen und entsprechenden Versorgungskrisen, so stehen kleine Märkte wie die Schweiz hinten an. Auch für Generika ist der Schweizer Markt oftmals zu klein, um mehrere Anbieter zu tragen.
Es existiert zwar ein Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung, die Definitionen von «schwerer Mangellage» und der «Lebenswichtigkeit» sind jedoch unzureichend, und es wäre wünschenswert, eine Liste mit Wirkstoffen zu erstellen, welche diese beiden Kriterien erfüllen. So könnte der Bund für die Verfügbarkeit der Wirkstoffe in die Mitverantwortung gezogen werden.
Bei der Bewältigung von Lieferengpässen kommt den Apotheken eine zentrale Rolle zu. Bei der Suche geeigneter Alternativen für die nicht lieferbaren Medikamente kann das Apothekenfachpersonal wirkstoffidentische Medikamente allenfalls direkt anbieten, selbst produzieren oder aus dem Ausland importieren. Ist dies nicht möglich, wird mit dem betreuenden Arzt Rücksprache genommen, um auf ein Arzneimittel mit ähnlichem Wirkstoff zurückzugreifen.